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Dirigent und Geiger: Auf ein Wort mit Fedor Rudin

Fünf Jahre lang war der Geiger Fedor Rudin Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben – jetzt leitet er das Streichorchester beim Benefizkonzert in der Elbphilharmonie am 5. Oktober 2025. Im Interview verrät er, was ihn beim Musizieren bewegt. 

Du warst fünf Jahre Stipendiat der DSM, was hat das für Dich bedeutet?
Sehr viel! Nicht nur die Möglichkeit, eine tolle Storioni aus dem Jahr 1779 zu spielen – mit diesem Instrument hatte ich unglaubliches Glück. Es war einfach ein Perfect Match, ich bin zusammen mit dieser Geige sehr gewachsen und habe mit ihr viel erlebt. Durch die Stiftung lernte ich viele Menschen kennen, mit denen ich bis heute in Kontakt bin: Stipendiaten, Alumni, das DSM-Team und einige Stiftungsmitglieder. Ich sehe die DSM als eine große Familie, der man treu bleibt, auch nachdem man das Instrument zurückgegeben hat.

Als Du mit 2024 Deine Violine von Lorenzo Storioni, Cremona, aus dem Jahr 1779, an den Deutschen Musikinstrumentenfonds zurückgeben musstest, hast Du die Geige nachbauen lassen…
Das war nicht meine Idee. Ein junger Geigenbauer aus Paris, Sylvain Tournaire, fand die Violine schon immer interessant und wollte sie nachbauen. Ich hatte keine Kaufpflicht, war aber bei dem ganzen Entstehungsprozess aktiv dabei. Als ich die fertige Kopie zum ersten Mal anspielte, war für mich sofort klar, dass ich dieses Instrument kaufe. Sylvain Tournaire hat nämlich nicht nur äußerlich die Geige nachgebaut, sondern ihren inneren Charakter genau getroffen. Ich spiele sie immer noch, und sie entwickelt sich jeden Tag besser und besser.

Gibt es etwas, das du als Dirigent darfst – oder vielleicht sogar musst –, was Dir als Geiger unmöglich oder fremd war?
Das ist eine sehr gute Frage und man kann ewig darüber schreiben. Es gibt sehr viele solche Gedanken, aber ich nehme ein paar heraus. Erstens: zu üben, wo ich möchte. Ich kann mich z. B. in der Bahn, im Flugzeug oder im Garten vorbereiten und Partituren studieren. Man darf nie vergessen, dass man als Instrumentalist für das Üben einen geeigneten Ort braucht, was beim Dirigieren eben nicht der Fall ist. Zweitens: Ich muss den Musikern, mit denen ich arbeite, mehr Vertrauen schenken, als wenn ich selbst spiele. Denn ich übernehme die Verantwortung für das Geschehen, ohne selbst einen einzigen Ton auf einem Instrument aktiv zu spielen. Vertrauen, bzw. wenn möglich anderen Menschen sogar zu ermöglichen, dass sie noch besser spielen, ohne einen Ton physisch zu produzieren, ist eine sehr spannende Sache, aber auch ein gewöhnungsbedürftiger Prozess und ich lerne jeden einzelnen Tag dazu. Und drittens: Ich muss einfach viel mehr wissen und viel schnellere Entscheidungen treffen, sowohl in der Probenarbeit wie auch im Konzert selbst. Eine richtige und bedachte Reaktion oder Erklärung wird fast genauso wichtig, wie die Tatsache, dass sie schnell und unkompliziert ist. Letztens möchte ich auch noch eine Sache umgekehrt erwähnen, die ich als Geiger sehr gut kann und als Dirigent gar nicht geht: Blattlesen. Ich kann natürlich auch eine Partitur „Blattlesen” und am Klavier irgendwie erkennbar sofort spielen, aber daraus mit einem Ensemble eine Kunst auf der Bühne oder sogar in einer Probe zu machen, ist beinahe unmöglich. Ich muss die Stücke noch viel mehr verinnerlichen, als mit dem Instrument.

Gibt es einen Moment auf der Bühne – als Geiger oder Dirigent – den Du am liebsten einfrieren und für immer bewahren würdest?
Eigentlich gilt bei jedem Konzert: Wenn es besonders gut läuft, möchte ich einfach nicht aufhören! Dazu gehören verschiedene Faktoren: die eigene Tagesform und die des Orchesters, die Menschen, mit denen man auf der Bühne steht, die Atmosphäre im Publikum, das Repertoire, die Akustik, der Saal selbst. Wenn alle Sterne beisammen sind, möchte ich solche Momente immer einfrieren.

Fedor Rudin war von 2018 bis 2024 Stipendiat der Deutschen Stiftung Musikleben. Als Geiger interessiert er sich sehr für Kammermusik und tritt weltweit bei Festivals in verschiedenen Ensembles auf. Inzwischen ist er verstärkt auch als Dirigent tätig, bei unserem Stiftungskonzert steht er erstmals als musikalischer Leiter auf dem Podium der Elbphilharmonie.

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